Sonntag, 15. Dezember 2013

Kinder, Eltern und das liebe Chaos (oder die chaotische Liebe...)

Mein Patenkind und seiner Brüder sind total lieb und niedlich und ich bin wahnsinnig gerne bei ihnen. Außerdem sind die Kinder laut und klebrig. Dieses Wochenende ist es mir gelungen, mich für meine Verhältnisse fast schon erschreckend schnell an diese zweite Seite der Kinder zu gewöhnen: bereits Freitagabend war mit klar, dass meine bis dahin saubere Jeans das Wochenende nicht überstehen wird, und das gleiche für Rolli und T-Shirt gelten wird. Brei- und Rotzspuren wurden dann im Laufe des Samstags ergänzt mit Mehl- und Teigresten (Patentanten sind für Lebkuchenhäuser zuständig), die heute früh noch durch Puderzuckergussflecken vervollkommnet wurden.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bewundere meine Freundin und ihren Mann, die Eltern dieser Kinder, sehr. Nicht nur, weil sie bei der Dreck- und Chaosaffinität ihrer Kids total entspannt bleiben. (Beim Wickeln pinkelt der Kleine auf den Teppich, die Mutter holt nur mal schnell einen feuchten Lappen und wickelt dann weiter. Tee mit Milch auf dem Sofa? Kein Problem, das Sofa lässt sich abziehen und die Bezüge sind waschbar. Mit Brei werfende Kinder sind normal, Geschirr ist ersetzbar und der Boden muss eh irgendwann abgeschliffen werden. Wände kann man abwaschen, die Kinder in der Badewanne einweichen, und wenn dann doch mal einer unbeobachtet die Herdplatte anmacht, auf der gerade das Nudelsieb aus Plastik steht, ist man einfach dankbar für das Ceranfeld, von dem man das geschmolzene Plastik einfach abkratzen kann.) Ich bewundere sie auch, weil sie gerne Eltern sind und wirklich gute Eltern sind, obwohl das heißt, dass sie seit Jahren täglich die gesamte Wohnung grundreinigen, jeden Tag mindestens einmal den Geschirrspüler, die Waschmaschine und den Trockner laufen lassen, und trotzdem kaum darüber klagen, dass ihre Kinder schneller die Wohnung ins Chaos versetzen als man hinschauen kann. Seit neuestem hat meine Freundin die Idee, mittags, wenn die Wohnung kurz mal sauber ist, weil die Kinder vormittags in der Kindergruppe waren, die saubere Wohnung zu filmen, den Film auf Youtube zu stellen, und den Link an ihren Mann in die Arbeit zu schicken, damit er sieht, wie schön die Wohnung sein könnte. Abends, wenn er heimkommt, ist von besagter Sauberkeit nämlich nichts mehr zu sehen, weil die Kinder effektiver als jeder Bombeneinschlag sind.

Mich beschleicht schon nach einem Wochenende das Hamsterrad-Gefühl. Ich räume auf, die Kinder kippen kistenweise Spielzeug auf den Boden. Ich fülle die Spülmaschine und schalte sie an, und während sie noch läuft, stapelt sich schon wieder frisches dreckiges Geschirr in der Küche. Ich falte saubere Wäsche, und schon sehe ich, dass die Kleinen sich schon wieder so gründlich verschmiert haben, dass man sie umziehen muss. Ich sammle das verschüttete Spielzeug auf (immerhin mit Hilfe des Großen), währenddessen entdecken die Kleinen die Altpapierkiste und werfen alles raus und zerreißen die Zeitung von gestern zu kleinen Schnipseln. Ich räume die fertige Spülmaschine aus und merke dabei, dass eins der Kinder stinkt und gewickelt werden sollte. Ich wickle das stinkende Kind, räume die Spülmaschine gleich wieder mit dreckigem Geschirr voll, koche nebenher Mittagessen mit einem brüllendem Kind auf dem Arm (das auch nur deshalb brüllt, weil ich es davon abhalten wollte, den Wollwaschgang der Waschmaschine auf 95°C umzuprogrammieren und damit die gesamte Wollwäsche zu ruinieren) und versuche den Großen zu überreden, mit den Wachsmalstifen auf Papier und nicht aufs Parkett und den Teppich zu malen. Büchervorlesen, Einkaufengehen, Spielen, Kuscheln, Basteln, Staubsaugen, Bettenmachen und alles Andere, was eben auch noch so dazugehört, mache ich zwischendurch und nebenher...

Nein, ich habe nicht all das eben Beschriebene dieses Wochenende selbst erlebt, aber das lag vermutlich im Großen und Ganzen auch nur daran, dass ich nicht alleine mit den Kindern war, sondern nur zu Besuch. Aber obwohl wir zu dritt waren, waren wir abends alle einfach nur platt - wie das ist, wenn man alleinerziehend ist, möchte ich mir gar nicht vorstellen.

Was Eltern leisten, ist der Hammer. Ich kann da nur fassungslos und bewundernd zuschauen und mich fragen, wie es immer noch Politiker geben kann, die von einer Herd"prämie" sprechen. Eltern sein ist Knochenarbeit, das ist keine Freizeitbeschäftigung, sondern ein Vollzeitjob, und das nicht nur 40 Stunden in der Woche. Ja, die Liebe macht das Elternsein wunderschön, aber deswegen nicht weniger anstrengend.

Wenn ich das sehe, habe ich das Gefühl, dass ich es mir echt ziemlich leicht mache, weil ich ins Kloster gehe...

2 Kommentare:

  1. Den letzten Satz unterschreibe ich nicht. Jeder hat seine eigene Berufung. Und wenn du für Kinder berufen wärest, dann hättest du vielleicht ganz anders geschrieben. Von den Ärmchen, die du um dich spüren willst, von den Kuscheleinheiten usw.

    Ich habe gerade nicht den Überblick wie alt du bist, aber bei mir hat, als ich 30 Jahre alt war, eine Art Hormonschub eingesetzt - so nenne ich das für mich und ich, die nie an eigene Kinder dachte, wollte plötzlich unbedingt welche. (Die Ärmchen, die mich umarmen....) Vielleicht war das gar nicht Hormonschub sondern der Ruf? Vielleicht war es der Hormonschub und ich musste noch 6 Jahre schmerzlich warten, weil Gott mich testete?

    Sehr gefreut hat mich an diesem post, dass du das ganze, total normale Chaos mit Kindern beschreibst, ohne auch nur einmal anzudeuten, dass ein bisschen mehr Erziehung, Konsequenz und Anleitung die ganze Sache leiser, sauberer, geregelter machen würde. Kein bisschen von oben herab.
    Bei uns zu Hause ist es ähnlich.
    Früher hätte ich die Vorstellung gräßlich gefunden. Jetzt finde ich das Leben "prall". Und anstrengender.

    Und trotzdem denke ich manchmal, ob ich mich "verhört" habe und ich nicht eigentlich ins Kloster gehörte. Zweifeln ist menschlich.

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    1. Danke, Huppicke - das mit der Berufung ist ein schöner Gedanke! Und nur, um nicht allzu einseitig zu wirken: ich liebe es, mit den Kindern zu kuscheln, sie zu trösten, mit ihnen zu spielen und zu toben. :)
      Mir fällt die andere Seite aber eben auch auf...

      Erziehung, Konsequenz und Anleitung machen übrigens meines Erachtens die Sache nicht leiser, sauberer und geregelter. Zum einen sind die Kids, über die ich schreibe, ziemlich gut erzogen, und zum anderen erhöht das nur den Stresslevel bei allen Anwesenden.

      Kinder sind keine zu klein geratenen Erwachsenen, und müssen sich daher auch nicht wie solche verhalten können. Das lernen sie echt noch früh genug. Kinder sind Kinder und sollten sich auch entsprechend verhalten dürfen. Finde ich. (Obwohl gerade das der Teil ist, der mich immer wieder herausfordert / überfordert.) ;)

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